Entwicklung Deutschland (politisch/ökonomisch) und Auswirkungen auf Personalberatungen
Wie beurteilen Sie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland?
Die momentane Stimmungslage in Deutschland erfordert, dass Unternehmen die wichtigsten Herausforderungen erkennen, selber stemmen und sich dem aktuellen nationalen Arbeitsmarkt stellen sowie mit äußerst flexiblen Arbeitszeitmodellen dem Trend entgegenwirken. Das bisherige Jahr 2023 fiel sehr schwankend aus. War im 1. Halbjahr noch eine positive Geschäftsentwicklung zu verzeichnen, wechselte im 2. Halbjahr die Stimmung in vielen Branchen. Ein rückläufiger und vermutlich auf niedrigerem Niveau sich einpendelnder und stagnierender Mitarbeiterbedarf ist erkennbar.
Mit welchen Problemen sehen Sie sich als Personalberatung durch diese Entwicklung konfrontiert und wie wirken Sie dem entgegen?
Personalberatungen waren schon immer ein Vorbote, für die kurz darauffolgende gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland. Dies reflektiert meist, wie verunsichert die Unternehmensseite ist und reagiert mit Zurückhaltung.
Auf der einen Seite kämpfen viele Branchen mit starken Auftragsschwankungen (wie in Projektgeschäften) und damit Produktionsausfällen, bedingt durch die Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg und dadurch verursachten Lieferengpässen. Der enorme Kosten-Anstieg der Energie-/ Rohstoffpreise, der steigenden Gehälter und zunehmende Inflation haben den Druck auf Unternehmen, Arbeitnehmer aber auch für Personalberater deutlich verschärft.
Auf der anderen Seite wird die Wirtschaftsentwicklung ausgebremst, durch nicht zu Ende gedachte politische Maßnahmen und nicht langfristig kalkulierbare Vorgaben. Ob es nun die vielgepriesene Zeitenwende ist, wie Klimawandel, Energieumbau, Fachkräftemangel durch Zuwanderung beheben oder die Digitalisierung die Zukunft gestalten werden, eine glasklare und zielgerichtete Strategie mit zeitnaher Umsetzung und Unterstützung durch die Regierung ist nicht greifbar. Viele Unternehmen können auf dieser Basis keine Zukunftspläne gestalten, was zur unternehmerischen Zurückhaltung führt, auch eine Abwanderung ins Ausland oder eine Insolvenz können die Folge sein.
Die Auswirkungen für Personalberater durch Zurückhaltung der Unternehmen sind, dass die Personalplanung kurzfristiger erfolgen. Durch ansteigenden Fachkräftemangel und damit mittelfristig verbundenen Bewerbermangel, wird für die Stellenbesetzung deutlich weniger Zeit eingeräumt. In den vergangenen Jahren wurde der Personalbedarf vorausgeplant, womit die Vorlaufzeit für die Personalsuche von einigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten lag. Aktuell wird eher auf Sicht gefahren, das bedeutet, dass das Personal kurzfristig eingestellt bzw. entlassen wird, um auf die sich schnell veränderten Märkte zu reagieren. Oft werden auch nur Zeitarbeitsverträge abgeschlossen, ein unbefristeter Arbeitsvertrag als Chance in Aussicht gestellt.
Das Problem dabei ist, dass gute Talente (A-Mitarbeiter, Bewerber: innen) nicht auf Zeitverträge eingehen, um das Wechsel-Risiko zu minimieren.
Um dem entgegenzuwirken, ist es verstärkte Aufgabe der Personalberater, im persönlichen Gespräch gute Bewerber: innen für einen Wechsel zu motivieren, ja zu begeistern und ihre Chancen aufzuzeigen. Dabei ist ein guter persönlicher und seriöser Kontakt auf Augenhöhe zwingend erforderlich und die Personalberater müssen ihre Sprache „die der Branche“ sprechen. Ein gutes Netzwerk in der Branche ist wichtig, dabei kommt der Erfolg meist nur durch Direktansprache und Vertrauensaufbau zustande. Wenn Personalberatungen gut vernetzt sind und schneller reagieren als bisher, bestehen gute Erfolgsaussichten.
Was sind für Deutschland die entscheidenden Erfolgsfaktoren?
Aus meiner Sicht ist es wichtig, die ökologischen mit den ökonomischen Werten noch stärker zu verknüpfen und nach neuen Wegen zu suchen, die wir bisher noch nie gegangen sind. Ein Umdenken aller Bereiche (Klima, Digitalisierung, Fachkräftemangel, Bildung, „Ent“-Bürokratisierung …, sprich Transformation in vielen Bereichen) ist hier unumgänglich. Der undurchschaubare und komplexe Vorschriften-Dschungel, bis hin zur Genehmigung ist stark zu vereinfachen und zu beschleunigen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass alle geplanten Veränderungen zeitnah umgesetzt werden und unsere Wirtschaft als Industriestandort Deutschland abgesichert wird. Der vorgegebene Zeitrahmen der Politik, als auch der finanzielle Rahmen der Unternehmen / Privatpersonen dürfen nicht überstrapaziert werden. Diese müssen realistisch und nachhaltig machbar sein, das bedeutet, dass die Politik hier eine langfristige Sicherheit und Stabilität gewährleisten muss. Denn ohne zuverlässige Perspektiven wird nicht gemeinschaftsorientiert investiert. Der Prozess dahin, muss transparent und offen kommuniziert werden in einem fairen Miteinander. Der bisherige Weg, den die Politik hingelegt hat, führt nur noch mehr zu einer Zweiteilung der Gesellschaft.
Vor welchen Herausforderungen stehen Personalagenturen in den nächsten Jahren?
Als Konrad Ertel | Personalberatung sehe ich folgende Themenfelder in nächster Zeit:
- Die demografische Entwicklung erfordert noch flexiblere Arbeitskonzepte (Personallösungen); Fachkräfte verstärkt remote bzw. Hybrid arbeiten zu lassen, auch aus dem Ausland
- Transformation in vielen Bereichen, Prio 1 dabei ist die Digitalisierung von Behörden, Schulen etc., eine modernere Arbeitswelt, schneller mit Kunden/Kollegen, schonend für die Umwelt und kosteneffizienter für Unternehmen
- Mit den richtigen A-Mitarbeitern, deren „Mindset und Wertevorstellungen“ sowie persönliche allgemeine Sozialkompetenz zum Erfolg. Eine visionäre Leadership mit Offenheit, Miteinander und Menschlichkeit. Eine positive Treibhauskultur zu entwickeln, die zu Spitzenleistung mit Verantwortung führt und die A-Mitarbeiter zum Mit-Unternehmer (Mitdenker) macht. Personalberatungen haben hier verstärkt die Aufgabe, gute Talente zu finden und zum Wechsel zu motivieren, Vertrauen aufzubauen sowie für ein passendes „matching“ zwischen Arbeitgeber und Bewerber: innen zu sorgen. Denn eines ist klar: Mitarbeiter führen, heißt Menschen begeistern!
Alle Handlungen und Entscheidungen eines Unternehmens müssen immer zum Kunden hingerichtet sein, davon hängt ab, ob sich Erfolg oder Misserfolg einstellt. Es geht nicht um uns, es geht immer um unsere Kunden, wie kann ich bei ihrem Problem helfen.